Sind Bestandskunden Kunden 2. Klasse?

Die Tage ist es mir mal wieder aufgefallen, als Bestandskunde ist man eigentlich eine echt arme Sau. Anlass hierfür war die Verlängerung meines t3n-Abos.

Während Neukunden eigentlich fast immer ein Goodie zu ihrem Abo bekommen, schaut der treue Bestandskunde fast immer in die Röhre (egal wo, t3n ist hier nur aktuell mein Aufhänger). Ich hatte das Thema bereits 2017 mit den Jungs von t3n und mir wurde „damals“ gesagt, dass man daran arbeitet, leider hat es wohl zeitlich nicht geklappt das lasse ich jetzt einfach mal so stehen), diesen Tweet krame ich aber bei der nächsten Verlängerung wieder raus 🙂

https://twitter.com/t3n/status/1068140531933474816

Wie bereits erwähnt ist t3n hier nur als Beispiel angeführt, selbstverständlich gibt es noch tausende andere Beispiele bei denen Neukunden besser gestellt sind als Bestandskunden, Mobilfunkvertrag, Gutscheine, Rabatte. Die Liste der Fußnotentexte kann hier beliebig erweitert werden und ist schon (leider) fast alltäglich. Aber warum ist das eigentlich so. Ich will mal versuchen das verständlich zu erklären.

KPI und CPO und andere Marketing Abkürzungen

Fangen wir mal ganz vorne an. Eine Firma hat eine geile Dienstleistung/Service/Produkt das periodisch abgerechnet wird und eine Vertragsbindung voraussetzt. Wie bekommt diese Firma nun möglichst viele Menschen dazu dieses Produkt zu kaufen? Sie gibt eine Zugabe zu dem Vertrag – diese kann eine Ermäßigung über einen gewissen Zeitraum sein, oder eine Zugabe (z.B. ein subventioniertes Smartphone).

Die Firma muss also Geld in die Hand nehmen um ihre Kunden zu locken (neben den Werbekosten die sie zusätzlich haben)

Ein kleines (vereinfachtes) Rechenbeispiel:

Mobilfunkvertrag über 24 Monate bei einem Preis von 20 Euro.
Das macht Einnahmen über die komplette Laufzeit von 24x20Euro = 480 Euro.

Jetzt gibt euch die Firma einen Rabatt von 50% über die ersten 12 Monate = 12x10Euro = 120 Euro
Dazu bekommt ihr ein Smartphone im Wert von 600 Euro UVP (Firma zahlt jedoch nur 300 Euro im EK)

Von den 480 Euro die ihr also „theoretisch“ in der ersten Laufzeit zahlt bleiben lediglich 60 Euro übrig
(480 Euro – 120 Euro Rabatt – 300 Euro Kosten Smartphone). Das ganze nennt man CPO (Cost per Order). Das ist das Geld, das die Firma ausgeben muss um euch als Kunde zu bekommen. Ihr folgt mir noch?

Jetzt geht es darum den Vertrag zu verlängern (gehen wir mal davon aus, dass mit dem Produkt alles tiptop ist, wie bei der t3n). Ihr seid Bestandskunde und der Vretrag verlängert sich erneut – ihr als Bestandskunde bekommt natürlich nichts, da man in dieser Vertragsperiode natürlich mehr Geld mit euch verdienen will. So einfach ist das. Bestandskunden sind somit die Kunden die den Firmen i.d.R das bessere Geschäft bieten (weil mehr Geld hängen bleibt). Es geht sogar so weit, dass es Firmen gibt die bei Neukunden sogar drauflegten und einen CPO von über 1000 Euro hatten (wenn man Partnerprämien, Installationskosten etc. mit einrechnet). Ganz klar, dass man dann nicht unbedingt will, dass der Kunden nach der ersten Vertragslaufzeit gleich wieder kündigt. Aber wie machen sie machen sie das am besten?

Upselling oder Stillschweigen

Viele Unternehmen machen erstmal NICHTS und hoffen der Kunde vergisst seien Vertrag zu kündigen oder ihm ist das alles viel zu kompliziert (wie es bei Versicherungen & Co meist der Fall ist). Andere Firmen versuchen durch Upselling den Kunden zu halten – für nur 5 Euro mehr im Monat bekommst du noch XYZ. In der Fußnote findet man dann meistens den Hinweis, dass die Vertragslaufzeit von neuem beginnt (Ja, vodafone ich rede über dich). Bestandskunden sind also die Kunden die „richtig“ Geld bringen und viele Firmen kümmern sich fast gar nicht um diese Kunden, höchstens wenn der Kunde selbst auf den Trichter kommt da mal was ändern zu wollen werden sie hektisch und verkacken es in den meisten Fällen trotzdem (ja, Sky ich meine dich).
Der Supergau ist natürlich noch, dass das Produkt / die Dienstleistung Mist ist (du bist gemeint O2) und der Kunde weg will, dann hat die Firma im schlimmsten Fall sogar ein Minusgeschäft gemacht.

Was lernen wir daraus?

  • Wenn eine Firma bei der ihr bereits einen Laufzeitvertrag abgeschlossen habt euch ein „super Angebot“ macht gibt es immer einen Haken, traut dem nicht und lest die Fußnoten. Glaubt nicht dass ihr jemals die gleichen Konditionen wie ein Neukunde bekommt, das ist schlicht zu teuer.
  • Habt die Laufzeit eurer Verträge immer im Auge und Kündigt rechtzeitig, bei Rückholaktionen verweist auf Neukundenangebote (wenn ihr ansonsten zufrieden seit)

Disclaimer: Das ganze ist sehr vereinfacht erklärt, in der internen Berechung ist das eine sehr komplexe Mischkalkulation aus der dann auch „Lockangebote“ etc. entstehen können. Zu verschenken hat keine Firma etwas und schon gar nicht das Geld der Kunden. Und die Aussage „Firma XYZ hat 839748224 Neukunden gewonnen relativiert sich, wenn man bedenkt, dass diese mit dem CPO eigentlich gekauft sind. Investoren/Geldgeber interessiert meist die Flukatuation im Kundenbestand um zu sehen wie profitabel das ganze ist.

  1. Danke für diesen Beitrag.
    Es stimmt tatsächlich, wer immer alle Vorteile nutzen will, der sollte gleich nach Abschluß eines Vertrages die Kündigung zum nächst möglichen Zeitpunkt hinterherschieben. Nur so bleibt man Kunde 1.Klasse.

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