Gefühlt eine Ewigkeit ist es her, dass ich mich „normal“ gefühlt habe. Angefangen hat alles das es um eine „neue Art der Grippe“ ging und was daraus geworden ist, wissen wir ja. Mein Leben ist dadurch komplett aus den Fugen geraten, mehr als es mir lieb ist. Dazu muss man allerdings wissen, dass ich noch nie ein „einfacher Mensch“ war und auch vor jetzt fast 10 Jahren in psychologischer Behandlung war.
Aktuell bin ich wieder kurz vor diesem Punkt und mir ist alles zu viel. Viel zu viel. Seit damals hat sich einiges geändert, ich bin Vater von 3 Kids, war 4 Jahre selbstständig (ja war) und hab mich immer mit Unwegsamkeiten arrangiert bzw. mir für gewisse Situationen Regeln erstellt. Für mich war das eine Art Schutz um nicht mehr in diese Abgründe zu geraten in denen ich mich vor 10 Jahren befunden haben. Es war schlimm und das wollte ich nie mehr bekommen, aber aktuell sitze ich in einem Führerlosen Auto, dass mich genau wieder in diese Situation zu führen schient.
Kopfüber in die Nacht
Ich kann aktuell nicht ins Lenkrad greifen und selbst die Führung übernehmen, es fühlt sich an als ob ich ferngesteuert werde. Ich muss mich nicht nur um mich kümmern, sondern auch um meine Frau und meine Kinder. Das hat in den letzten 5-6 Monaten fast meine ganze Kraft genommen und andere Dinge blieben dafür auf der Strecke, was mich zusätzlich noch einmal hindert „normal“ weiterzumachen. Mein erster Rettungsanker war, dass ich aus meiner 100%igen Selbstständigkeit raus bin und in eine Teilzeitstelle geflüchtet bin, um weiterhin Geld zu verdienen. Ich wollte keine staatliche Hilfe, ich wollte es selbst schaffen, so wie ich es schon immer selbst geschafft habe. Leider habe ich in diesem Punkt versagt, egal wie schön ich es mir und anderen geredet habe. Ich habe einfach einen Teil von mir aufgegeben. Ebenso habe ich nach wieder angefangen zu rauchen. 3 Monate bevor es so richtig rund ging hatte ich es geschafft von den Kippen wegzukommen und als die Probleme zu viel wurden, habe ich wieder damit angefangen in alte Muster zu verfallen. Wie dumm kann man eigentlich sein?
Zu Beginn habe ich das noch alles weggelacht und gute Miene zum bösen Spiel gemacht und noch eine Schippe draufgelegt, um ja nicht zu scheitern, doch langsam sind die Kohlen alle verpufft und ich treibe nur noch von einer Baustelle zur anderen, der Druck ist vom Kessel. Ich funktioniere nur noch, reagiere aber agiere nicht mehr. Der Weg in die Depression kann auch mit schönen Tapeten geschmückt sein, wenn man sich das einredet, aber am Ende ist man genau dort: am Ende. Da ich kein Münchhausen bin, der sich selbst aus dem Dreck ziehen kann ist es ein harter Kampf gegen die eigenen Dämonen, um nicht in der kompletten Dunkelheit zu verschwinden. Die größte Herausforderung dabei ist sich nicht selbst aufzugeben, weil man ja gerade kürzlich mehrfach versagt hat und alles keinen Sinn mehr macht. Weglaufen? Suizid? Alles keine Optionen, da ich mich meiner Familie verpflichtet fühle und jeden Schaden von Ihnen fernhalten will.
Ich habe den Weg eingeschlagen mich einfach nicht mehr bei bestimmten Personen zu melden, um Problemen aus dem Weg zu gehen. Ist auch eine Möglichkeit, aber eine schlechte. Die Probleme gehen davon auch nicht weg und man verliert die Person, so hab ich damals meinen kompletten Freundeskreis verloren und bis heute auch nicht wieder aufgebaut bekommen und dabei rede ich von Menschen, die mich schon Jahre kannten oder gar mit mir verwandt sind. (Seit einem Streit mit meinem Bruder rede ich z.B. seit nun fast 9 Jahren nicht mehr mit ihm) – soziale Kontakte = 0 und diese „Internetbekanntschaften“ sind stellenweise zu oberflächlich um sich mal so richtig bei 1-alle Bier auszukotzen.
Jedes Versagen bietet eine neue Chance
So oder so ähnlich hört man es immer wieder, aber gilt das auch in der aktuellen Situation in der ich noch nicht einmal weiß, ob ich kommende Woche noch vor die Tür kann, ob meine Kids in die Schule / Kindergarten können. Wenn die Kinder daheim sind, wie mache ich das mit dem Homeschooling, schaffe ich es dann noch rechtzeitig meine Arbeit abzuliefern? Versteht es mein Chef? Was wird aus dem Projekt xyz? So viele unbekannte Variablen, so viele Varianten von „What if…“ ich kann es nicht planen, ich kann nur reagieren und weiter gegen meine Dämonen kämpfen. Energie sammeln, um das Steuer herumzureißen um nicht am dunklen Ende des Tunnels gegen eine Wand zu rasen. Das alles schlägt aufs Gemüt und so gibt es Tage, an denen ich nicht einmal richtig mit meiner Familie spreche, weil die Energie fehlt. Ich funktioniere dann. Chancen oder Ideen für einen Ausweg suche ich, aber meist fehlt mir dann auch die Kraft dafür, wenn ich dann einmal Zeit habe.
Zurück ins Licht
Ich möchte wieder zurück ins Licht, zurück in eine Welt in der ich mich wohlfühle. Der Weg ist hart und es wird noch einige Tage dauern bis ich wieder voll da bin, die ersten Schritte sind gemacht und in der Ferne, kann ich wohl auch schon einen Lichtpunkt sehen. Wie auch immer ich sag mal „es läuft“ wenn auch mit Babyschritten aber das ist doch auch einmal ein vorankommen. Man soll ja schließlich nicht alles schlechtreden, es könnte immer noch schlimmer sein.
Sicherlich werden sich einige Fragen warum ich das hier öffentlich mache. Zum einen gibt es immer mal wieder die Frage warum ich gerade „so“ bin, andere halten mich ev. echt für einen Freak und denken ich habe einen an der Waffel (ja, hab ich) zum anderen gibt es ev. Menschen denen es aktuell ebenso geht. Sie sollen sehen, dass sie nicht alleine damit sind und nicht der Sonderling der sich was einbildet. Wir sind alle Menschen, die einen können mit den verschiedenen Situationen besser umgehen und die anderen nehmen sich die Dinge dann doch etwas mehr zu Herzen als gut ist (eben so einer bin ich) und schlagen so den dunklen Pfad ein ohne zu wissen, warum und was gerade passiert. Es ist gerade echt viel was man verarbeiten muss und verschiedene Pläne bereit haben muss. In den Tag leben und schauen was morgen passiert funktioniert (für mich) in der aktuellen Situation so gar nicht. Zudem ist „schreiben“ mein Ventil um mal ein paar Gedanken loszuwerden – nicht nur hier, sondern auch klassisch in einem Notizbuch, das stellenweise aussieht wie das Mannifest eines satanischen Psychokillers.
Ich wünsche mir, dass ich bald aus diesem führerlosen Wagen rauskomme oder gar selbst das Steuer zu übernehmen, um mein Leben wieder in den Griff zu bekommen. Ich wünsche es mir nicht nur für mich, sondern auch meine Frau und meine Kids, damit sie schon bald wieder etwas mit mir anfangen können, denn so wie ich momentan bin, glaube ich eher eine Belastung zu sein als eine Hilfe.